Die Museen am Königsplatz bleiben am 19.10.2024 tagsüber geschlossen.
Sie öffnen für die Lange Nacht am Abend um 18 Uhr (geöffnet bis 1 Uhr).
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Ihrem Gründer und Stifter verdankt die Glyptothek den außergewöhnlichen Rang ihrer Ausstellungsstücke: Ludwig I. (1786–1868), von 1825 bis 1848 bayerischer König, wollte für sein Museum nur qualitativ hochwertige Antiken erwerben.
Dass dies auch tatsächlich gelang, war ein Verdienst seines römischen Kunstagenten Johann Martin von Wagner (1777–1858), der ein untrügliches Auge für antike Kunst mit einer genialen wissenschaftlichen Begabung und hohem kaufmännischem Geschick verband. So schuf man in nur kurzer Zeit zwischen 1810 und 1820 einen Bestand an erstrangigen Skulpturen, der durch spätere Erwerbungen gezielt veredelt werden konnte.
Der zeitliche Bogen der antiken Originale spannt sich von archaischer Zeit (6. Jh. v. Chr.) über die griechische Klassik (5./4. Jh. v. Chr.) und den Hellenismus (3.–1. Jh. v. Chr.) bis hin in die römische Kaiserzeit und die Spätantike (1.–5. Jh. n. Chr.). Neben Bildwerken, die einst zum Schmuck von Heiligtümern und öffentlichen Bauten und Plätzen sowie als Grabdenkmäler dienten, finden sich unter den Marmorskulpturen der Glyptothek auch zahlreiche Porträts herausragender antiker Dichter, Denker und Herrscher von Homer bis Platon, von Alexander dem Großen bis zu Augustus und Marc Aurel.
In Griechenland begann man in archaischer Zeit um 650 v. Chr. damit, monumentale Marmorstatuen junger Frauen und Männer zu schaffen. Sie werden als „Koren“ und „Kuroi“ bezeichnet, was auf Griechisch soviel bedeutet wie „Mädchen“ und „Jünglinge“. Der Mensch in seiner Lebendigkeit und Eigenständigkeit ist von Beginn an das große Thema der griechischen Großplastik.
Kuroi haben stets dasselbe Standmotiv: Der linke Fuß ist nach vorne gesetzt. Die Last des Oberkörpers verteilt sich gleichmäßig auf beide Beine, so dass es zu keiner Gewichtsverlagerung in der Figur kommt. Beweglichkeit, nicht Bewegtheit wird hier zur Darstellung gebracht. Folgerichtig liegen die Arme eng am Körper an, die Fäuste sind geschlossen. Der Kopf ist frontal nach vorne gewendet, der Blick geht geradeaus. Das Gesicht mit den leicht nach oben gezogenen Mundwinkeln, dem sogenannten archaischen Lächeln, und den scharf umrissenen, vorquellenden Augen spricht den Betrachter unmittelbar an.
Der menschliche Körper ist bis in anatomische Details genau erfasst. Doch zeigen stilisierte Formen wie etwa am Rippenbogen oder an der Bauchmuskulatur, dass es den Griechen stets um ein ideales, nicht um ein naturalistisches Bild des Menschen ging.
Die Kuroi sind nackt: Körperliche Schönheit war für die Griechen ein hoher Wert, der zusammen mit geistigen Vorzügen zum Ideal eines insgesamt vortrefflichen Menschen gehörte. „Kalós kai agathós“ – „schön und gut“ – lautete das griechische Schlagwort dafür.
Als Zeitalter der Klassischen Kunst wird das 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. bezeichnet. Das ist kein moderner Begriff, schon die Antike sah das so. Bis in römische Zeit hinein galt die Klassik als vorbildliche Stilepoche der griechischen Kunst. Sie verstand den menschlichen Körper als Organismus, in dem einander widerstrebende Kräfte zu einem harmonischen Ausgleich geführt werden sollen.
Die auffälligste Veränderung gegenüber den Skulpturen archaischer Zeit stellt ein neues Standmotiv dar: Während sich bei der archaischen Statue das Gewicht gleichmäßig auf beide Beine verteilte, wird der Rumpf nun vom aufragenden „Standbein“ getragen, während das zur Seite oder leicht nach hinten gesetzte „Spielbein“ nur das labile Gleichgewicht der Figur stabilisiert. Der Oberkörper macht eine Gegenbewegung. Diese neue Stilformel bezeichnet man als „Kontrapost“.
Aus dem veränderten Standmotiv ergeben sich Verschiebungen im Körperbild. Muskeln werden nun gedehnt oder gestaucht. Die Abhängigkeit der Teile voneinander wird dadurch sichtbar. Gleichzeitig gehen verschiedene Partien jetzt fließend ineinander über, die Axialsymmetrie archaischer Zeit wird aufgegeben.
Der Kontrapost und die damit verbundene, den ganzen Körper erfassende Bewegung sind künstlerisches Ausdrucksmittel für Lebendigkeit ganz allgemein. Diese Bewegung ist nicht momenthaft, die Handlung steht nicht im Vordergrund. Durch die Unterscheidung von passiven und aktiven Körperpartien wird deutlich, dass sich der Mensch willentlich gegen Widerstände behauptet.
Die Epoche vom Tod Alexanders des Großen (356–323 v. Chr.) bis zur Eroberung der gesamten griechischen Staatenwelt durch die Römer (30 v. Chr.) bezeichnen wir heute als Hellenismus. In der Folge der Feldzüge Alexanders verbreiteten sich in dieser Zeit griechisches Denken und griechische Kultur über beinahe die gesamte damals bekannte Welt und erfassten nun auch andere Völker, die griechische Sprache, aber auch Kunst, Philosophie, Wissenschaft, Religion, Mythologie und vieles mehr aufnahmen. Umgekehrt öffneten sich die Griechen in der Fremde jetzt auch noch stärker den Einflüssen anderer Kulturen.
Im Hellenismus verlieren die Normen für die Künstler an Bedeutung, sie schöpfen jetzt aus der Fülle des Lebens. In der Klassik standen noch Körperbau, Funktionalität und Gliederung des menschlichen Körpers im Zentrum. Man suchte nach physisch idealen Körpern. Seit dem 3. Jahrhundert vor Christus wendet man sich dagegen dem Individuellen und Besonderen zu. Auch Unvollkommenheit wird nun dargestellt: alte Menschen, Kinder und Kranke. Der Mensch ist nun vielgestaltig. Im Hellenismus werfen die Künstler auch einen Blick hinter die äußerliche Fassade. Psychische Zustände werden akribisch herausgearbeitet: Trunkenheit, Erregung, Freude, Lust und Leid. Gleichzeitig werden an Haut und Gewand nun alle Möglichkeiten stofflicher Wiedergabe ausgereizt.
Römische Kultur speiste sich in fast allen Bereichen aus griechischen Quellen. Wie für die Literatur, die Naturwissenschaft und die Philosophie galt dies auch für die Bildende Kunst. Die Römer schätzten insbesondere die Werke der griechischen Klassik als verbindliche Vorbilder für ihr eigenes Kunstschaffen. Dadurch trugen sie entscheidend zur Bewahrung dieser Werke bei: Deren meist bronzene Originale sind nämlich im Regelfall verloren gegangen und nur die römischen Kopien vermitteln uns noch ein Bild von ihrem einstigen Aussehen. Unsere Kenntnis klassischer griechischer Skulptur verdankt sich also zum allergrößten Teil der Arbeit römischer Kopisten.
Trotzdem haben die Römer auf künstlerischem Gebiet auch eigenständige Leistungen hervorgebracht. Insbesondere die Porträtkunst ist ein Feld, auf dem römische Bildhauerei – inspiriert von griechischen Vorbildern – eine besondere Blüte erreichte.
Die Vorliebe für Porträts wurde durch den Ahnenkult der Römer stark gefördert: Man bewahrte die Bildnisse der Vorfahren als Wachs- oder Tonmasken in speziellen Schreinen im Haus auf. Diese Masken dürften die Wurzel für die Entstehung der römischen Porträtkunst gebildet haben. Spätestens im 1. Jh. v. Chr. wurde es unter den reichen und einflussreichen Bürgern üblich, Marmorbildnisse von sich schaffen zu lassen. Die hohen Politiker und vor allem die Kaiser nutzten diese Porträts natürlich in erster Linie zu Propagandazwecken.